Tschocherl Report Nr 2_Scan oepb.at„Da Wirt am Eck hot a scho zua g´hobt!“, so eine Textzeile aus dem reichhaltigen Gesangs-Fundus von Dr. Kurt Ostbahn, mit oder ohne Chefpartie. Nun, die Wiener Wirt´n am und um´s Eck werden ohnehin immer weniger, von „nur“ zugesperrt zu sein, kann da gar keine Rede mehr sein. Die „Hitt´n“, die urigen Beisln sind im Aussterben begriffen. Leider! – muss man hier ehrlicherweise feststellen.

Umso bemerkenswerter ist dieses Druckwerk, der Tschocherl Report Nr. 2, der quasi als Beisl-Führer durch die Wiener Bezirke zu deren noch existenten „Wirt´n am Eck“ führt.

Die unbekannten Wohnzimmer Wiens – Zwischen Fluchtachterl und Gesellschaftskritik Tschocherl – das sind diese kleinen, verrauchten Lokale, die scheinbar schon ewig existieren und klangvolle Namen führen wie „Espresso Bambino“, „Café Rikki“ oder „Espresso Florida“.

In 23 Tschocherl-Reportagen beleuchten die Autoren Arthur Fürnhammer und Mario Lang einen weitgehend verborgenen Teil Wiens; eine Subkultur, die sich seit Jahrzehnten beharrlich jeder Anbiederung an gastronomische und gesellschaftliche Trends verweigert. Die Speisenauswahl ist fleischlastig und, sollte sie je über Würstel und Toast hinausgehen, weder bio, ethno noch slow. W–Lan ist darin ein Fremdwort, genauso wie modische Kaffeevariationen à la Café Latte und Latte Macchiato. Auf Kaffee sind Tschocherl aber auch gar nicht spezialisiert, dafür wird dort gern Alkohol ausgeschenkt, oft schon zu früher Stunde. Und Bewertungen wird man über Tschocherl weder im Internet finden noch in einem Gastroführer. Bei ihren Lokalbesuchen haben die Autoren nicht nur erfahren, wo heute noch der Wiener Schmäh zuhause ist. Sie haben auch Typen getroffen, wie man sie nur im Tschocherl trifft: Unikate wie den Muhrlipapa, der seinen Lebensabend im „Stefan“ verbringt; Hilde, die ruppige Kellnerin vom „Jersey“, die erst auftaut, wenn die Luft schwarz wird, oder den „Silberbaron“, einen ehemaligen Fiakerfahrer im „Cafe Na und?“.

Eindrucksvoll beweist dieses Buch, dass Tschocherl besser sind als ihr Ruf. Dass sie mehr sind als nur Lokale. Denn bei so gut wie jedem Lokalbesuch war der Satz zu hören: „Wir sind hier wie eine Familie.“ Und gibt es eine schönere Auszeichnung für ein Lokal?

Das oepb meint dazu:

Herrlich! Ein Beisl-Führer quer durch Wien, quer durch sämtliche 23 Bezirke und genau dorthin Schuss hinein, wo noch das schon so oft besungene „Goldende Wiener Herz“ anzutreffen ist. Es darf einen nicht stören, dass es keine Nichtraucher-Zonen gibt, dass das Bier gerne in der Flasche kredenzt wird und dass nach altem Brauch die Rechnung noch am Bierdeckel steht. Das von Peter Alexander dereinst besungene „Klane Beisl in unserer Gassn“ lebt hier noch einmal auf und sträubt sich mit aller Vehemenz gegen die Mechanismen des 21. Jahrhunderts, gegen die EU-Vorgaben aus Brüssel und einfach auch gegen die Zukunft. Man kann es sagen – wenn diese hier anzutreffende Generation ausgestorben ist, wird es auch diese Beisln nicht mehr geben, denn „Nachwuchs-Tschecheranten“, die existieren dort nicht. Wer also der Bundeshauptstadt Wien einen Besuch abstattet, der sollte – frei nach Heinz Conrads – nicht unbedingt immer dort hingehen, wo die Paläste stehen. Wien existiert – Gott Lob noch – in der Vorstadt, in Seitengassen, in urigen Beisln und „Hitt´n“, die großteils in diesem absolut gelungenen Tschocherl-Führer nachzulesen sind, um diese dann aufzusuchen. Und selbst wenn das dort anwesende Stamm-Publikum grantelt, wenn unbekannte „Gfrieser“ bei der Tür hereinkommen: „Wer is´n des? Kennst Du den?“ – das ist einerlei, denn irgendwann ist man ohnehin mit allen per Du, der Schmäh rennt und die Wirtin freut sich ob ihres Umsatzes.

Über die Autoren:
Arthur Fürnhammer, zuständig für den Text: Geboren 1972 in Linz, studierte Jus und ist als freier Journalist in Wien aktiv. Er schreibt für Wiener Zeitung, Falter, Augustin und andere.

www.artfuernhammer.at

Mario Lang, schoss die Fotos: Geboren 1968, ist gelernter Optiker. Seit dem Jahr 2000 als freier Fotograf aktiv. Er leitet den „Augustin“-Chor „Stimmgewitter“.

Tschocherl Report Nr. 2 / WIENER URGESTEINE
In alter Manier und neuer Wortgewalt
von Arthur Fürnhammer und Mario Lang
194 Seiten, broschürt
Mit  zahlreiche Abbildungen
zum Preis von € 19,80 (Österreich)
ISBN 978-3-85409-809-6 

Direkt zu bestellen bitte h  i  e  r:

www.loecker-verlag.at

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