Das Vidiwall-Motiv der alten Anzeigetafel vom Städtischen Stadion an der Grünwalderstraße verkündete nach Spielschluss die triste Gewissheit: Die Löwen bissen sich an einem Gegner wieder einmal die Zähne aus. Foto: oepb
Das Vidiwall-Motiv der alten Anzeigetafel vom Städtischen Stadion an der Grünwalderstraße verkündete nach Spielschluss die triste Gewissheit: Die Löwen bissen sich an einem Gegner wieder einmal die Zähne aus. Foto: oepb

Es sollte – wieder einmal – alles anders werden bei den „Münchner Löwen“, den Weiß-Blauen vom TSV 1860 München im heurigen Sommer. Mit Kosta Runjaic, dem gebürtigen Wiener, der zuvor die Zweitligisten MSV Duisburg und den 1. FC Kaiserslautern nicht unerfolgreich betreut hatte, wurde ein hoffnungsvoller junger deutschen Fußball-Lehrer verpflichtet, der den in den letzten beiden Spielzeiten doch eher zahnlosen „Löwen“ wieder mehr Biss vermitteln sollte. Den 16 Neu-Zugängen, darunter mit Ivica Olic der wohl bekannteste, standen 13 Abgänge gegenüber. Auch der Österreicher Rubin Rafael Okotie, der zwischen 2014 und 2016 in 57 Löwen-Spielen immerhin 21 Tore scorte, verließ den Verein.

Gut Ding braucht Weile, so heißt es, und ein neues Team zu formen, erfordert Geduld und Zeit. Doch hat man die auch an der Grünwalder Straße 114? Nun, Hasan Ismaik, Geldgeber, Mäzen und Löwen-Fan scheint diese mitzubringen und der Jordanier deponierte in einem ausführlichen kicker-Interview (Ausgabe 78 / 26. 09. 2016) den Aufstieg in die Bundesliga in absehbarer Zeit erreichen zu wollen. Aber nicht nur das. „Die Champions League ist unser Traum!“, so der 39jährige, der mit diesem seinem Team sehr eng verbunden ist und auch aktiv dazu beitragen möchte, den TSV wieder zurück in die Beletage des Deutschen Klub-Fußballs (Anm.: 2004 stieg man aus der 1. Bundesliga ab) zu führen. Und er denkt auch über ein eigenes Stadion für die Löwen nach. Nun, die Pläne und Ziele sind vorhanden, das – so hat es den Anschein – nötige „Kleingeld“ des Investors Hasan Ismaik detto, es kann demnach nur mehr aufwärts gehen, mit dem Deutschen Fußball-Meister von 1966.

Fahnen-Parade und 1860 Löwen-Hymne - alles begann stimmungsvoll und enthusiastisch. 1860 links, Düsseldorf rechts. Foto: oepb
Fahnen-Parade und 1860 Löwen-Hymne – alles begann stimmungsvoll und enthusiastisch. 1860 links, Düsseldorf rechts. Foto: oepb

Umso unverständlicher erscheint es, dass sich der Gönner stets neue Anfeindungen aus dem Löwen-Fan-Lager gefallen lassen muss. Man sollte sich als Fan und/oder Ultra selbst hinterfragen, was man eigentlich will. Möchte man „klein und unscheinbar“ bleiben, im altehrwürdigen Sechz´ger Stadion auf Giesings Höhen längst vergilbten glorreichen Zeiten nachtrauern und aktuell in Liga 3 oder noch weiter unten ballestern, oder möchte man mit stolzer Löwen-Mähne ausgestattet frisch, fromm, fröhlich und frei in eine sportlich erfolgreiche neue blau-weiße Zukunft aufbrechen. Mit dem derzeitigen Geldgeber wäre Zweiteres in der nächsten Zeit machbar und möglich.

9. Spieltag 2. Deutsche Bundesliga / Sonntag, 16. Oktober 2016, 13.30 Uhr / Allianz Arena München, 21.800 Besucher, Referee Lasse Koslowski aus Berlin

Der Saisonstart der Münchner verlief vielversprechend. 8 : 10 Punkte aus den ersten 6 Saisonspielen ließen darauf hoffen, mit den Abstiegsplätzen nichts zu schaffen zu haben. Vor allem der 2 : 1-Erfolg beim 1. FC Nürnberg am 4. Spieltag ließ die leidgeprüften Löwen-Fans nach langer Zeit wieder einmal von höheren Sphären träumen. Aber weit gefehlt. Die letzten beiden Spiele wurden verloren und mit Fortuna Düsseldorf kam ein Gegner nach München, der sich selbst im Umbruch befindet und somit auch schwer auszurechnen sein würde. Darüber hinaus werden die Rheinländer von Friedhelm Funkel betreut, der selbst zwischen September 2013 und April 2014 Löwen-Dompteur war. Funkel wurde in München nicht die nötige Zeit gegeben, die er selbst für einen Team-Aufbau benötigt hätte, sein vorzeitiger Abgang hinterließ einen faden Beigeschmack. Und genau jener Funkel steht nun als Coach Fortuna Düsseldorf vor und kennt somit sämtliche Mechanismen bei Weiß-Blau.

Nach der gewonnenen Platzwahl und dem Anstoss für den TSV war es mit der Löwen-Herrlichkeit jedoch vorbei. Fortuna übernahm das Kommando und behielt das Heft in der Hand. Foto: oepb
Nach der gewonnenen Platzwahl und dem Anstoss für den TSV war es mit der Löwen-Herrlichkeit jedoch vorbei. Fortuna übernahm das Kommando und behielt
das Heft in der Hand. Foto: oepb

Erfreulich die Kulisse – knapp 22.000 Zuschauer bei strahlendem Herbst-Wetter sorgten für eine tolle Zweit-Liga-Atmosphäre. Die Spieler ließen sich jedoch von der fröhlichen und stimmungsvollen Heiterkeit auf den Rängen nicht anstecken, zumindest nicht jene des Heim-Teams. Die Rheinländer waren von Anfang an der Herr im Haus und zwangen den TSV in die Defensive.

Der Spielfilm:

6. Minute / 0 : 1: Ein perfekt vorgetragener Konter der Gäste – Marcel Sobottka schickt Axel Bellinghausen auf den linken Flügel, dieser die Hereingabe flach ins Zentrum spielt, wo Rouwen Hennings mit dem Fußspitzel schneller am Ball ist als sein Gegenspieler.

20. Minute: Sascha Mölders bekommt im Fortuna-Strafraum den Ball und steht in halbrechter Position unmittelbar frei vor Keeper Michael Rensing. Dieser bleibt stehen und pariert den Schuss von Mölders.

25. Minute / Elfmeter für Fortuna: Karim Matmour hält Robin Bormuth im 16er am Trikot fest, nachdem dieser einen Fallrückzieher versucht hatte. Nach kurzer Überlegung entschied Schiedsrichter Lasse Koslowski auf Strafstoß. Ihlas Bebou versetzt Torhüter Jan Zimmermann und verwandelt zielsicher zum 0 : 2.

31. Minute: Neuerlich Fortuna mit Fortune! 
Hennings spielt den Ball Richtung Strafraum und schickt genau zum richtigen Zeitpunkt Sobottka „in die Gasse“. Der kommt jedoch nicht ganz an den Ball, der herausgeeilte Zimmermann kann klären.

Der Grazer Michael Liendl, seit Herbst 2015 bei den Löwen und zuvor in Diensten von Fortuna Düsseldorf, konnte aus einem Elfmeter lediglich das Ehrentor erzielen. Foto: oepb
Der Grazer Michael Liendl, seit Herbst 2015 bei den Löwen und zuvor in Diensten von Fortuna Düsseldorf, konnte aus einem Elfmeter lediglich das Ehrentor erzielen. Foto: oepb

36. Minute / 0 : 3 für Fortuna! Kaan Ayhan spielt einen langen Ball auf Sobottka. Diesem misslingt vorerst die sichere Ballannahme, jedoch Marnon Busch und Kai Bülow stellen sich derart patschert an, sodass Sobottka den Ball am Strafraumeck urplötzlich frei am Fuß hat. Ein herrlicher Schlenzer mit links segelt in den linken Winkel.

Dann war Halbzeit. Kosta Runjaic und sein Team wurde mit einem gellenden Pfeifkonzert zum Pausen-Tee entsandt.

Ab der 46. Minute agierte Victor Andrade für den farblos gebliebenen Daniel Adlung.

53. Minute: Andrade, der neue Mann mit den feinen Dribblings ereilt links im Strafraum kurz vor der Torauslinie den Ball, es folgt eine wuchtige Hereingabe. Ein Düsseldorfer Abwehr-Bein lenkt die Kugel vor dem lauernden Nico Karger in den Corner.

67. Minute: Nach einem Eckball landet das Leder am hinteren Pfosten bei Sascha Mölders. Der wendige Mittelstürmer der Löwen agiert aus 4 Metern mit einem Kopfball-Aufsetzer, den jedoch Rensing mit einer gesprungenen Parade pariert. Wieder kein Tor für den TSV.

80. Minute / Platzverweis gegen Kevin Akpoguma und Elfmeter für 1860: 
Der „Sünder“ trifft im Laufduell im Strafraum den Fuß von Mölders – und erhält dafür die zweite Gelbe Karte, demnach Gelb-Rot. Und Elfmeter gibt es auch. Der Steirer Michael Liendl setzt den Elfmeter links halbhoch ins rechte Eck, Rensing kommt nicht an den Ball. Das war das 1 : 3 und auch der Endstand.

Von links: Löwen-Coach Kosta Runjaic, 1860-Presse-Lady Lil Zercher, sowie Fortuna-Trainer Friedhelm Funkel. In Deutschland ist es üblich, dass anhand der Pressekonferenz kaum Fragen gestellt werden. Im Anschluss an die PK versammeln sich die Journalisten als Traube um die jeweiligen Trainer und führen die Befragungen durch. Foto: oepb
Von links: Löwen-Coach Kosta Runjaic, 1860-Presse-Lady Lil Zercher, sowie Fortuna-Trainer Friedhelm Funkel. In Deutschland ist es üblich, dass anhand der Pressekonferenz kaum Fragen gestellt werden. Im Anschluss an die PK versammeln sich die Journalisten als Traube um die jeweiligen Trainer und führen die Befragungen durch. Foto: oepb

Diese Niederlage, der vierten im fünften Spiel, lässt den TSV 1860 München auf Tabellenplatz 14 mit 8 Saisonzählern einbetoniert stehen. Für Fortuna Düsseldorf kam der erste Auswärtserfolg in diesem Herbst insofern nicht ungelegen, da man nun aus 9 Spielen 13 Zähler aufweist und sich auf Blickdistanz mit dem dritten Platz, der zur Aufstiegsrelegation berechtigen würde, befindet.

Die Stimmen zum Spiel:

Friedhelm Funkel (Fortuna Düsseldorf): „Ich war mit meinem Team, vor allem in der 1. Halbzeit, sehr zufrieden. Drei Tore auswärts zu erzielen, war für uns ein starkes Stück. In der zweiten Hälfte vermisste ich von meiner Mannschaft den nötigen Druck, den wir noch vor der Pause gemacht hatten. 1860 kam dadurch auf und wir gerieten ins Schwimmen. Ich bin froh, dass es heute für einen Sieg gereicht hatte. Meinem Kollegen Runjaic und dem TSV wünsche ich das Beste für den weiteren Saisonverlauf. Ich bin mir sicher, dass die Löwen noch kommen werden.“

Kosta Runjaic (TSV 1860 München): „Ich kann den Unmut der Zuschauer verstehen. Sie kommen zu uns, freuen sich auf ihr Team und wollen natürlich einen Sieg sehen. Leider ließ meine Mannschaft in der ersten Halbzeit völlig aus. Auch meine Familie war das erste Mal bei einem Löwen-Heimspiel und drückte die Daumen, leider erfolglos.

Ein Bild mit Symbolcharakter. Während der Fortuna-Bus vorneweg eilen wird, lauert der Löwe im Hintergrund noch auf seine Chance. Im nächsten Spiel wird alles besser. Foto: oepb
Ein Bild mit Symbolcharakter. Während der Fortuna-Bus vorneweg eilen wird, lauert der Löwe im Hintergrund noch auf seine Chance. Im nächsten Spiel kann alles besser werden. Foto: oepb

In Halbzeit Zwei kamen wir besser ins Spiel, aber leider reichte es nur mehr zu einem Elfmeter-Tor. Wir sind nun gefordert, das Spiel aufzuarbeiten und abzuhaken. Die Aufgaben werden nicht leichter und wir müssen an uns glauben, dann stellen sich auch die Erfolge ein.“

Somit bleibt zu hoffen, dass den schönen Worten nun auch Taten folgen werden. Denn eine dritte Spielzeit in Serie mit Abstiegssorgen bis zum Schluss ausgestattet, das sollte dem treuen Löwen-Anhang heuer doch erspart bleiben. Und um mit einem Hasan Ismaik-Zitat zu schließen: „Unser Traum ist es, in die Bundesliga aufzusteigen und eines Tages auch in er Champions League zu spielen. Vielleicht klappt der erste Schritt in einem Jahr, vielleicht aber auch erst in zwei oder drei Jahren. Es ist aber auch wichtig, dass wir wirtschaftlich gute Ergebnisse erreichen. Ich werde glücklich sein, wenn der Verein auf eigenen Füßen steht und Gewinn macht. Viel wichtiger sind mir aber die sportlichen Erfolge, weil ich den Verein liebe und ihn hoch spielen sehen möchte …!“

www.tsv1860.de

www.fortuna-duesseldorf.de

www.bundesliga.de

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