Im Vorfeld der Nationalratswahlen am 29. September prägen Wahlplakate den öffentlichen Raum. Das Medium Plakat ist ein Dauerbrenner und aus keinem Wahlkampf wegzudenken, obwohl dort die tatsächliche Wirkung seit vielen Jahren totgesagt wird. Trotzdem werden die Präsentationen der Wahlplakate von den Parteien regelmäßig groß inszeniert und auch medial begleitet.
Die Österreichische Nationalbibliothek verwahrt in ihren Beständen fast 3.000 Beispiele historischer und neuerer Wahlplakate aus der Ersten und Zweiten Republik, die Interessierte in ÖNB Digital durchsuchen können.
Bis zum Ersten Weltkrieg waren die klassischen Bildplakate, also Affichen die aus Bild- und Textelementen bestanden, nur auf Produktreklame, Fremdenverkehrswerbung und Kulturankündigungen beschränkt. Zwar gab es bereits bei den Reichsratswahlen 1911 einen Boom an Wahlplakaten, dabei handelte es sich allerdings um reine Textplakate, die für einzelne Politiker wie etwa Victor Adler warben.
Erst Anfang 1919 tauchten die ersten Wahlplakate mit gezeichneten Bildmotiven im öffentlichen Raum auf: Eine neue Ära der Visualisierung von Politik begann. Bekannte Grafikdesigner wie Theo Matejko oder Fritz Schönpflug wurden von den Parteien engagiert, um polarisierende Botschaften und Feindbild-Ikonografien ins Bild zu setzen. Diese richteten sich an die Stammwählerschaft, um diese in ihren politische Überzeugungen zu bestärken, nicht um neue Wählerschichten zu gewinnen. Politiker waren auf den Wahlplakaten der Zwischenkriegszeit nicht zu sehen, nur in wenigen Fällen wurden sie als Feindbilder dargestellt.
Nach 1945 kamen zu den thematischen Plakaten, die teilweise auch diffamierende Sujets enthielten – heute oft als „negative campaigning“ bezeichnet – die Köpfe der Spitzenkandidaten hinzu. In den ersten Wahlkämpfen der 2. Republik gab es immer wieder Bezüge auf die Zeit vor 1945, auf die Jahre des Nationalsozialismus und der Kanzlerdiktatur. Einige Grafiker hatten bereits für das Rote Wien oder für das Dollfuß-Schuschnigg-Regime gearbeitet, wie etwa Victor Theodor Slama für die SPÖ oder Gustav Schmid für die ÖVP.
In den 1960-Jahren vollzog sich der Übergang vom gezeichneten zum fotografischen Wahlplakat. Diese Entwicklung war um 1970 praktisch abgeschlossen. Die SPÖ warb – untypisch für diese Zeit – ohne Plakate mit dem Porträt ihres Spitzenkandidaten Bruno Kreisky und die ÖVP präsentierte mit Bundeskanzler Josef Klaus zum letzten Mal einen Politiker in gezeichneter Form. Die Gewinnung neuer Wählerschichten für die eigene Partei rückte nun stärker in den Mittelpunkt der Plakatbotschaften.
Im 21. Jahrhundert entwickelte sich die visuelle Kommunikation der Wahlplakate bis auf wenige Ausnahmen zu einer reduzierten, leicht verständlichen Botschaft aus jeweils drei Elementen: dem Porträt des Spitzenkandidaten bzw. der Spitzenkandidatin, einer knappen Textaussage und dem Logo der Partei.
Quelle und Foto: Österreichische Nationalbibliothek / ÖNB
Bitte beachten Sie auch diese interessanten ÖNB–Artikel bei uns: