Wie lebten die Menschen im mittelalterlichen Wien? Welche Lebensbedingungen herrschten dort vor? Wer versorgte die Stadt? Mit einem umfassenden Blick auf soziale, architektonische, kulturelle und politische Akteure und Begebenheiten setzt dieses Buch neue Maßstäbe in der Darstellung der Stadtgeschichte. Die Autoren, allesamt ausgewiesene Experten der Wiener Stadtgeschichte und Verfasser zahlreicher Publikationen über Wien, präsentieren hier ein auf dem letzten Stand der Forschung stehendes Werk zur mittelalterlichen Geschichte der österreichischen Bundeshauptstadt. Dafür bedienen sie sich eines innovativen, in dieser Form bislang nicht gebotenen Zugangs: Der Verbindung einer chronologischen Darstellung der Geschichte mit erläuternden Analysen zu thematischen Feldern der Wiener Stadtgeschichte.
Der erste Teil des Buches umfasst eine Chronik, die, basierend auf Zeitzeugnissen aus urkundlichen und erzählenden Quellen, den Zeitraum vom 9. Jahrhundert bis zur ersten Wiener Türkenbelagerung 1529 umreißt. Der zweite Teil betrachtet acht Themenkomplexe des mittelalterlichen Wiens und beleuchtet dabei unter anderem die Infrastruktur der Stadt, die Bewohnerinnen und Bewohner und deren Lebenswirklichkeit, das Stadtleben und das städtische Rechts- und Verwaltungswesen. Leserinnen und Leser erhalten so einen detaillierten und lebendigen Einblick in die mittelalterliche Geschichte Wiens.
Um 1500 zählte die Stadt etwa 1.300 Häuser, die Vorstadtzone rund 900 bewohnte Gebäude. Einer vorsichtigen Schätzung zufolge lebten am Ende des Mittelalters 20.000 bis 25.000 Menschen in Wien. Im Heiligen Römischen Reich wurde Wien nur von wenigen Städten übertroffen (Köln: 40.000; Nürnberg: 36.000 Einwohner).
Zur Person Peter Csendes
Hofrat Dr. Peter Csendes ist tit. ao. Prof. für Geschichte des Mittelalters und Historische Hilfswissenschaften an der Universität Wien und Archivar. Allgemeine und insbesondere Rechtsgeschichte des Mittelalters sowie die Geschichte der Stadt Wien bilden die Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeit.
Zur Person Ferdinand Opll
Ferdinand Opll ist Direktor des Wiener Stadt- und Landesarchivs i. R. und tit. ao. Univ.-Prof. für Mittelalterliche Geschichte und Historische Hilfswissenschaften an der Universität Wien. Mittelalterliche und frühneuzeitliche Geschichte, vergleichende Stadtgeschichte und Kartographiegeschichte, insbesondere aber die Geschichte Wiens sind Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Tätigkeit.
Die Rezensenten des oepb haben sich diesem wunderbaren Buch gewidmet und meinen dazu:
Ein sagenhaftes Buch der Geschichte Wiens, das sich ausschließlich mit der Epoche des Mittelalters befasst; Was aber war der Beweggrund, dass das Autorenteam nur diese Zeitspanne zum Anlass nahm, ein derartiges Projekt zu starten?
Rund ein halbes Jahrhundert währende Beschäftigung mit der Geschichte Wiens, vorab der mittelalterlichen Epoche, aber auch eine durch Jahrzehnte bewährte Kooperation bildeten den Beweggrund und das Fundament, das nun vorliegende Buch zu verfassen. Und darüber hinaus ist es auch kein Zufall, dass sich ein historisches Jubiläum der besonderen Art als begründeter Anlass dazugesellte. Nämlich die 800. Wiederkehr der Ausstellung des ersten überlieferten Stadtrechtsprivilegs für Wien am 12 Oktober 1221.
„Wien im Mittelalter“: Da war der Alltag kein Honigschlecken. Die Historiker Peter Csendes und Ferdinand Opll zeigen auf, dass die Wiener Lebenswirklichkeit im untersuchten Zeitraum vom 9. Jahrhundert bis zur Ersten Türkenbelagerung 1529 für viele oft eine wahre Plage war. „Die mittelalterliche Stadt war schmutzig und stank, denn die Fäkalienabfuhr war ein größeres Problem. So waren die Latrinen — Secret oder Privet genannt — in der Regel im Hof, in der Nähe von Stall und Brunnen, vielfach aus Holz gezimmert“, heißt es in einer Beschreibung der zum Himmel stinkenden Zustände. „Mitunter nutzten zwei Häuser eine Sen (Senkgrube)“
Der Inhalt des Buches besitzt einen direkten und eine sehr hohe Anbindung an die Originalaussagen von Quellen, sie unterstreicht die ungeheure Vielfalt an erhaltenen Berichten aus einer weit zurückliegenden Vergangenheit und bezieht die Lesenden damit in eine Unmittelbarkeit in die vielzitierte „Welt des Mittelalter“ mit ein. So wie sie sonst kaum zu erreichen ist. Eine umfassende Geschichte der Stadt Wien im Mittelalter, Csendes und Opll legen ein hochinteressantes und gelungen konzipiertes Werk vor.
Teil A besteht aus Zeitzeugnissen, hier wird große Politik gemacht und aus dem Alltag der Wienerinnen und Wiener anhand zahlreicher Originalquellen erzählt. Teil B ist die dazugehörende Analyse, gegliedert in acht Themenbereiche.
Dieser innovative Aufbau ergibt ein überzeugendes Ganzes. Speziell die im ersten Teil behandelten Alltagsgeschichten erlauben einen Blick in die Lebenswelt des mittelalterlichen Menschen in all seinen Facetten, während der zweite Teil den aktuellen Wissens- und Forschungsstand dokumentiert.
Für jeden, der sich für die Wiener Stadtgeschichte interessiert, wird dieses Buch ein unverzichtbares Standard- und Nachschlagewerk in der heimischen Bibliothek sein. Unsere Hochachtung und unseren vollsten Respekt zu dieser wahren Stachanow-Arbeit.
WIEN IM MITTELALTER
Zeitzeugnisse und Analysen
von Peter Csendes und Ferdinand Opll
520 Seiten, mit Lesebändchen
zum Preis von € 45,00
erschienen bei böhlau
www.boehlau-verlag.com
ISBN 978-3-205-21401-4
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