Die dunkle Seite der Kaiserin Elisabeth.
Sie war wie eine Amphibie (wie eine Ausgestorbene ihrer Zeit). Ihre Liebe zur Abgeschlossenheit im Schloss ihrer Träume, ihr ausgeprägter Wandertrieb in die Berge, weg von den Menschen, weg vom Hofzeremoniell und von lästigen Pflichten. Sie hat den Sinn des Lebens versucht zu ergründen im Dichten, im Wandern, im Reiten, sie ist auf sehr hohe Berge gestiegen, so hohe Pfade die damals niemand erreichen hätte können. Sie hat Ziegenmilch getrunken. Sie hat ihre eigene Ziege mit auf dem Schiff geführt. Es war ihr egal, was andere über sie dachten. Sie wollte es auch niemanden recht machen. Man musste sie eben nehmen wie sie ist. Eine Frau, die sich zeitlebens fremd fühlte und die nur in ihren meist unverstandenen Sehnsüchten und ihren schönen schwermütigen Gedichte sich auszudrücken verstand. 1898 kam das jähe Ende.
Als die Kaiserin in Begleitung von Irma Sztáray am nächsten Tag auf dem Weg vom Hotel zum Schiff war, mit dem sie nach Caux weiterreisen wollte, stürzte sich der italienische Anarchist Luigi Lucheni auf sie und stieß ihr eine von ihm selbst zugespitzte Feile ins Herz. Er hatte sich die Feile wenige Stunden zuvor besorgt. Der Einstich war so klein, dass er zunächst nicht bemerkt und für einen Faustschlag gehalten wurde. Die Kaiserin erhob sich wieder, bedankte sich bei allen Passanten, die zur Hilfe herbei geeilt waren, und unterhielt sich mit ihrer Hofdame Irma Sztáray über den Vorfall. Erst an Bord des Schiffes brach die Kaiserin endgültig zusammen. Ihre letzten Worte waren nach dem Vernehmen nach: „Aber was ist denn mit mir geschehen?“ Bald darauf verstarb sie im Hotel, in das sie zurückgebracht worden war.
Und er war eigentlich der Anarchist und „Erlöser“ Luigi Lucheni, der Sisi ihren sehnlichsten Wunsch unwissentlich erfüllte: „Ich wollte, meine Seele entflöge zum Himmel durch eine kleine Öffnung des Herzens …“
Sie hat den Sinn des Lebens gesucht, jedoch leider nie gefunden …
Über die Autorin Mag Michaela Lindinger,
Studium an der Uni Wien, Publizistik-und Kommunikationswissenschaft, Politikwissenschaft, Fächerkombination Urund Frühgeschichte, Ägyptologie. Tätigkeiten in Museen und Ausstellungen seit 1986, u. a. im Kunsthistorischen Museum, Belvedere, Oberösterreichisches Landesmuseum, seit 1995 kuratorische Assistentin, seit 2003 Kuratorin im Wien Museum, Mitarbeit an zahlreichen Ausstellungen und Katalogen.
„Mein Herz ist aus Stein“ Die dunkle Seite der Kaiserin Elisabeth
von Michaela Lindinger
Die Schattenseiten der „ewig jungen“ Kaiserin im Amalthea Verlag erschienen.
ISBN: 978-3-85002-821-9
www.amalthea.at/index.php?id=10&showBookNr=8433
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