Sigmund Freud
Sigmund Freud

13. November 2007

Wer auf populäre, gut lesbare und zuverlässige Art und Weise über Freuds Leben und Werk aufgeklärt werden will, dem sei die Biografie von Georg Markus wärmstens empfohlen. Wer war Sigmund Freud wirklich? Wie war der Mann, der in seiner Ordination in der Wiener Berggasse der Seele des Menschen auf die Spur kam? Und welche Rolle spielte dabei die weltberühmte Couch? Georg Markus traf die letzten Zeitzeugen und schuf mit diesem Buch die erste große, populär geschriebene Biographie über den Begründer der Psychoanalyse. Der Autor versteht es, die faszinierenden Stationen im Leben des großen Arztes aufzuzeichnen und beschreibt in klaren Worten die Bedeutung seines Werkes für die Menschheit. Er schildert Freuds Begegnungen mit Albert Einstein, Arthur Schnitzler, Viktor Adler und Gustav Mahler, der sich für einen Tag in seine Behandlung begab. Der Leser begegnet den bekanntesten ,Fällen´ aus Freuds Praxis, durch deren Schilderung sich ein klares Bild der Bedeutung von Traum und Sexualität im Denken Freuds ergibt.

Auch den Privatmann Freud beschreibt Markus. Er litt unter Todesängsten, wurde in die wissenschaftliche Isolation gedrängt und von seinen engsten Mitarbeitern verlassen. Die Beziehung zu seiner Frau Martha war von inniger Zuneigung geprägt, doch seine Tochter Sophie starb im Alter von nur 26 Jahren. Die letzten Jahre seines Lebens litt Freud an Mundhöhlenkrebs, er musste 33 Operationen über sich ergehen lassen. Georg Markus hat ein Buch über das Phänomen Sigmund Freud geschrieben, den Begründer der Psychoanalyse zwischen Genie und Wahnsinn. Er prägte die moderne Psychologie mit seinen Gedanken und Arbeiten wie kein anderer. Er war äußerlich wie man sich einen Gelehrten vorstellt und ein typischer Viennese Gentleman – dies stellte Dr.
Menninger, Begründer und Präsident der Menninger Foundation, einer der größten privaten Psychiatrischen Kliniken der Welt fest.

Sigmund Freud wurde am 6. Mai 1856 in Freiberg im heutigen Tschechien geboren. Er studierte Medizin an der Wiener Universität und begann sich mit neurologischen Phänomenen zu beschäftigen, insbesondere mit dem psychologischen Ansatz für Krankheiten. Speziell der Traum spielte bei Freud schon immer eine bedeutende Rolle. Traumdeutung ist die Interpretation der im Schlaf symbolisch erlebten Bilder, Handlungen und Gefühle. Viel Beachtung erlangte sein Werk Traumdeutung. Aufreger waren auch seine Abhandlungen zur Sexualtheorie. Noch vor Erlangung seiner medizinischen Reife, hatte Freud seine erste Romanze. Seine Eltern hatten ihn zur Erholung geschickt, da lernte er Gisela Fluss kennen. Es war seine erste heimliche Liebe. Doch das Mädchen musste in ein Erziehungsinstitut und jetzt erst recht begann der Höhenflug für Freud. Er verliebte sich in Martha Bernays. Seiner Martha schrieb er bei jeder sich bietenden Gelegenheit, am frühen Morgen, zu Mittag und nach dem Theater.

An der psychiatrischen Klinik in Wien eröffnen sich für Freud die ersten wissenschaftlichen Wege. Nachdem Freud einen Artikel über Kokain in einer Zeitung las, begann er an sich zu experimentieren. Er stellte fest, dass diese Droge zur Behebung als schmerzstillende Therapien half. Im selben Jahr noch stellte er den Antrag um die Verleihung des Titels Privatdozent.
Gemeinsam mit Josef Breuer (1842-1925) stellte er in ,Studien über die Hysterie´ die Methode der freien Assoziation vor. Da die Ursache seelischer Störungen verdrängte traumatische Erfahrungen seien, kann der Analytiker durch Deutung spontaner Äußerungen von Patienten auf deren verschlüsselte Ängste schließen und den Patienten von seiner Neurose befreien. In seiner Privatpraxis arbeitete Freud viel mit Hypnose, ersetzte diese aber bald durch seine eigene Behandlungstechnik der freien Assoziation. Er ging davon aus, dass die Ursachen vieler seelischer Krankheiten in Kindheitserlebnissen zu suchen sind. Freud gilt als Begründer der Psychoanalyse, der Lehre vom Unbewussten. Aus der Ehe mit Martha Bernays stammten sechs Kinder, davon Tochter Anna die auch Psychoanalytikerin wurde.

Freud ist an der Entdeckung der schmerzstillenden Wirkung des Kokains beteiligt. Es folgte eine Anstellung am Allgemeinen Krankenhaus in Wien. Die Familie wohnt in der Berggasse 19 in Wien-Alsergrund – auch heute noch eine berühmte Adresse, denn hier entwickelt Freud die Psychoanalyse. Als einer der ersten erkennt er, wie wichtig es für Menschen ist, sich auszusprechen.
Sein Vorgehen nennt er die ,Redekur.´ Die Patienten sollen sich auf eine Couch legen und sich Verdrängtes bewusst machen. Damals eine revolutionäre Behandlung und der Grundstein für die ewige Vorstellung von der Couch beim Psychiater. Er war Dozent für Neuropathologie an der Wiener Universität und beschäftigt sich mit hirnanatomischen Forschungen. Freud beobachtet an der Pariser Nervenklinik Salpêtrière Frauen mit seelischen Erkrankungen ohne organischen Befund (Hysterien). Jean-Martin Charcot behandelt diese Patientinnen mittels Hypnose oder Suggestion. Freud bietet an, die Arbeiten Charcots ins Deutsche zu übersetzen, und erhält eine Zusage. Kein Geringerer als Arthur Schnitzler damals freilich noch ein unbekannter Sekundararzt an der Poliklinik – veröffentlichte in der nächsten Ausgabe der Wiener Medizinischen Presse einen ausführliche Bericht, in dem er Freuds ersten Vortrag und auch die kritischen Stimmen aus der Ärzteschaft wiedergab. Und ein Jahr darauf verfasste Schnitzler in einer Rundschau eine hymnische Rezension über Freuds Characot-Übersetzung. Der Name Freud begann sich in Wien herumzusprechen, zwar meist kritisch aber er wurde genannt.

Georg Markus beschreibt auch in seinem Buch die Geschichte der Anna O. Sie war eigentlich die Bertha Pappenheim. Sie ging in die Geschichte der Psychoanalyse ein. Sie führte ein sorgenfreies, wenn auch eintöniges Leben, war eine Dame von einem gut geführten Haus. Doch als ihr Vater an Lungentuberkolose erkrankte, da hatte sie nur mehr durchwachte Nächte. Die bei ihr zu körperlichen und seelischen sehr schweren Belastungen führte. Der Zustand besserte sich als ihr Vater starb. Die Befreiung ihrer Psyche war vollständig, nachdem sie, von Angst und Grauen geschüttelt, all diese Schreckensbilder reproduziert und ausgesprochen hatte.

Das Begräbnis fand im September 1939 im Krematorium Golders Green in Anwesenheit vieler Freunde und unter reger Anteilnahme der Londoner Bevölkerung statt. Freuds Asche wurde in einer altgriechischen Vase, die ihm jemand geschenkt hatte, beigesetzt. Er hatte sich damals über die Vase so gefreut und sie mit den Worten, ,schade, dass man sie nicht mit ins Grab nehmen kann´, übernommen. Martha Freud, die Gattin wurde 90 Jahre und überlebte ihren Mann um 12 Jahre. Warum ist der Mensch so wie er ist? Wie verarbeitet er Erlebnisse, was beeinflusst sein Handeln? Kaum jemand hat unsere Vorstellungen von der menschlichen Psychologie so beeinflusst wie Sigmund Freud. Und doch fällt vielen nur Ödipus-Komplex, Penisneid und Triebtheorie ein, wenn sie an den Begründer der Psychoanalyse denken.

Was aber blieb von Sigmund Freud?

Viele Wissenschaftler übernahmen die Theorien Freuds, aber sie mussten sie allesamt neu überarbeiten. Viel Bedeutung der frühen Kindheit wurde durch die Säuglingsforschung eindrucksvoll nachgewiesen, sowie in der Hirnforschung. Stefan Zweig ging in seiner Grabrede auf diese Frage ein:
,Alles, was Sigmund Freud geschaffen und vorausgedeutet hat als Finder und Führer, wird auch in Hinkunft mit uns sein …´

Sigmund Freud – Die Biographie
Von Georg Markus
Langen Müller Verlag München-Wien 1989, Neuauflage 2006 ISBN 3-784-43041-4
ISBN: 978-3-7844-3041-6
352 Seiten, Pappband, Din A5
zum Preis von EUR 22,90
www.herbig.net
info@herbig.net
www.georgmarkus.at

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