Endlich! So dachten wohl viele. Endlich wieder einmal europäisches Fußball-Flair und ganz große Bühne für einen österreichischen Vertreter in Sachen UEFA Champions-League. Das komplette Team der Wiener Austria hatte sich als Meister der Spielzeit 2012/13 akribisch unter ihrem neuen Trainer Nenad Bjelica an diese wundervolle Möglichkeit herangearbeitet und darf nun den Lohn dieser Arbeit ernten. Und so stieg gestern Abend im Ernst Happel-Stadion im Wiener Prater die Premiere in Europas Königsklasse für Österreichs violetten Vertreter. 37.500 Zuschauer wohnten dieser Begegnung live vor Ort bei, die es bereits am 31. Oktober 2002 im UEFA-Cup unter ähnlichen Voraussetzungen – Hinspiel im Prater, knapp 30.000 Besucher, 0 : 1 (0 : 0) der Endstand – gegeben hatte …
Bildtext: Es ist angerichtet und kann losgehen. Anpfiff zur UEFA Champions-League-Saison 2013/14 mit österreichischer Beteiligung. Foto: oepb
Fast perfekt präsentiert
… aber eben leider nur fast … Im gesteckt vollen Presse-Bereich in den Stadion-Katakomben nach dem Spiel nahm Nenad Bjelica als Austria-Feldherr die Glückwünsche der anwesenden Journalisten-Schar dankend entgegen. Es wurmte ihn aber, und mit ihm auch das komplette Publikum, dass die Austria zwar gut gespielt hatte gestern Abend, Torchancen herausgearbeitet wurden, der portugiesische Gegner, vor allem in der ersten Hälfte, durch massives Pressing ordentlich in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt worden war, man am Ende allerdings eben leider mit leeren Händen erfolglos dagestanden war. Er meinte auch, dass man nur in sehr wenigen Phasen einen Klasse-Unterschied, basierend auf 200 Millionen Euro Differenz Marktwert zwischen Porto und seiner Austria auszumachen war.
Zum Spiel:
Als der schottische Referee Craig Thomson die Mannschaften um 20.40 Uhr aufs Feld bat, in den beiden Stadion-Blöcken C und D eine sehenswerte Choreografie samt überdimensionalen Spruchband – „Die Stunde des Siegers kommt für jeden irgendwann“ – der violetten Fan-Gemeinde zum gleichzeitigen Erklingen der Champions-League-Hymne präsentiert wurde, hagelte es nicht nur Gänsehaut-feeling für den gestanden Austrianer, sondern auch ein paar Tränen der Freude, der Vorfreude, auf und für dieses Event wurden vergossen. Auch die Veilchen-Spieler waren naturgemäß heiß und voller Euphorie für diese Begegnung gegen den vierfachen Europapokal-Sieger. Und die Austria begann frech, rotzfrech sozusagen. Man ging überaus unbekümmert zu Werke und der agile Daniel Royer fiel mehrmals positiv aus der Rolle. Fernando feuerte zwar in der 3. Minute den ersten Warnschuss auf FAK-Keeper Heinz Lindner ab, von da an taute man aber auf, traute sich etwas zu und die Austria begann, ihr Spiel aufzuziehen. Je länger die 1. Halbzeit andauerte, desto aktiver und attraktiver lief das violette Werkel. Royer hatte mit zwei Fernschüssen (5. und 9. Minute) ebenso Pech, wie ein gut gezirkelter Freistoß von Florian Mader in der 10. Minute, sowie ein satter Weitschuss in Minute 22 von ihm. Auch Philipp Hosiner fand tolle Möglichkeiten vor – in der 30. Minute mit dem Fuß, in der 32. Minute per Kopf – konnte jedoch FC Porto-Torhüter Helton nicht überlisten. Und so ging es mit einem sehr schmeichelhaften 0 : 0 für den FC Porto in die Halbzeitpause.
Nach Wiederbeginn bissen die Portugiesen jedoch wie eine giftige Schwarze Mamba erbarmungslos zu. Danilo marschierte an der rechten Flanke durch, seinen guten Querpass zur Mitte vollendete Kapitän Lucho Gonzalez flach ins rechte Eck zum 0 : 1 in der 55. Spielminute. Wer nun Stille im weiten Rund und Resignation erwartet hatte, wurde eines besseren belehrt. Lautstark angetrieben von einem absoluten Top-Publikum, basierend auf höchstem europäischen Niveau, wehrte sich die Austria und fand sofort ins Spiel zurück. Marko Stankovic setzte zwei Minuten nach dem Rückstand einen Kopfball an die rechte Torstange, von dort aus der Ball allerdings ins Out kullerte. Kurze Zeit später beschäftige Hosiner zweimal die Portugiesen, als er nach einer Stunde alleine auf des Gegners Tor zulief, jedoch Keeper Helton anschoss und in der 64. Minute, als sein Ball knapp an der rechten Torstange vorbeisauste. In der Schlussphase hatte die Austria neuerlich Pech, als ein Handspiel im Strafraum in der 85. Spielminute von Nicolas Otamendi ungeahndet blieb.
Abermals erwähnenswert war der Ist-Zustand des Wiener Publikums. Bis zuletzt harrten die Besucher aus, feuerten ihr Team frenetisch an und drückten ihrer Austria sämtliche Daumen. Niemand verließ vorzeitig das weite Rund und selbst, als Schiedsrichter Thomson nach 94 Minuten die Begegnung beendete, gab es keine Pfiffe, sondern stehenden Applaus für die aufopferungsvoll kämpfenden Austrianer. Diese ließen sich nicht lumpen und feierten mit ihrem Anhang in der Kurve die Welle. „Standing Ovations für die Verlierer“ – so lautete die Devise gestern Abend knapp vor 23 Uhr.
FC Porto-Coach Paulo Fonseca meinte nach dem Spiel, dass er die Austria so stark erwartet hatte und er sein Team vor der spielerischen Klasse der Wiener auch vorgewarnt hatte. Er meinte auch, dass sich seine Spieler, gerade nach dem violetten Pressing in der 1. Hälfte, nur sehr schwer aus dieser Umklammerung befreien konnten, er allerdings in der zweiten Hälfte sein Team mit Vorteilen sah und der Sieg seiner Meinung nach auch in Ordnung ging. Er traut der Austria beim Rückspiel im Estadio do Dragao aber auch wieder ein gutes und offen geführte Spiel zu, sein Team ist nun noch mehr gewarnt.
Und so bleibt naturgemäß ein fahler Nachgeschmack nach der gestrigen Auftaktniederlage der Gruppe G auf Seiten der Wiener. Nenad Bjelica versprühte aber gleich wieder Optimismus und versprach, mit vehementer Arbeit und stetem Glauben an die eigene Stärke den Weg mit seinen Spielern weiterzugehen, um somit in naher Zukunft das nötige Quentchen Glück für den erfolgreichen Tor-Abschluss förmlich auch wieder erzwingen zu können.
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Weitere Spiel-Fotos bitte auch hier:
www.austria80.com/Fotos201314CLG1PortoH130918.htm
www.oe-news.at/index.php?19092013-austria-verliert-cl-auftakt-gegen-fc-porto-mit-01-00