Schwanengesang in Violett, rien ne va plus – nichts geht mehr, oder aber: „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut.“ Ein sichtlicher geknickter violetter Chef-Trainer Ivica Vastic stand gestern Abend um 18 Uhr den diversen Journalisten-Fragen geduldig Rede und Antwort, wenngleich der sonst um sportliche Ausreden nie verlegene gebürtige Kroate diesmal wahrlich nicht mehr weiter wusste. Dabei hätte alles so schön werden können, in der UPC-Arena zu Graz-Liebenau, in der er als Spieler in den späten 1990er Jahren seine größten sportlichen Erfolge gefeiert hatte und ihm das Grazer Publikum förmlich zu Füßen lag. Ja, er konnte einem förmlich leidtun, wie er nach den geeigneten Worten rang, um sich dann aber eingestehen zu müssen, dass seine Austria es wieder einmal selbst in der Hand gehabt hätte, das Ticket für Europa zu lösen, den Zug dafür letzten Endes aber doch verdientermaßen verpasst zu haben.
Man war guter violetter Dinge und frohen Mutes, dass Salzburg vor der Meisterfeier in Wals-Siezenheim im letzten Spiel gegen die Admira noch einmal Vollgas geben würde. Man erhoffte einen Sieg in der Mozartstadt der Heimischen und wollte selbst mit einem vollen Erfolg in Graz noch auf den dritten Tabellenrang springen. Darauf legten sie ihr Spiel an und begann heiter beschwingt an der Mur. In der 22. Minute fiel vor 14.251 Zuschauern das verdiente 0 : 1. Marko Stankovic spielt zu Alexander Gorgon, der läßt den Ball weiterlaufen auf Roland Linz und der vielgeschmähte violette Stürmer dieser Spielzeit erzielte sein 12. – und letztes – Saisontor 2011/12. Die Grazer, die als regierender Meister nach einem sportlichen Einbruch dieses Jahr im tabellarischen Nirvana anzutreffen waren, hatten in dieser Zeit des Spiels dem Gegner nichts entgegenzubringen, die Austria wiederum verabsäumte es, rasch ein zweites Tor in Hälfte Eins draufzusetzen. Mit 0 : 1 ging es in die Pause, Sturm war grottenschlecht und die Austria in diesem Moment europäisch, da es in Salzburg zur Halbzeit 0 : 0 gestanden war.
In Halbzeit Zwei änderte sich das Bild schlagartig. Der scheidende Sturm Graz-Trainer Thomas Kristl brachte für Christoph Kröpfl in der 54. Spielminute den ehemaligen Wiener Käfig-Ballesterer Darko Bodul und dieser sollte in diesem Spiel schier noch unsterblich werden. In der 67. Minute gelang ihm mit einem herrlichen Piola-Fallrückzieher ins violette Kreuzeck der Ausgleich zum 1 : 1. Die Austria, angetrieben lautstark von zahlreich mitgereisten violetten Freunden unterstützt, versemmelte zweimal durch Tomas Jun aus guter Position die neuerliche Führung. Der Tscheche rutschte einmal im Fünfmeter-Raum vor dem Ball aus, bei einer zweiten Aktion schupfte er das Leder über das Gehäuse von Christian Gratzei. Zu diesem Zeitpunkt wäre man dennoch für die Europa-League qualifiziert gewesen, da in Salzburg das 1 : 0 durch Christiano gefallen war. Genau genommen hätte das Remis in Graz der Austria genügt, doch es sollte noch schlimmer kommen. Ivia Vastic brache für Markus Suttner Kaja Rogulj und sorgte mit dieser Einwechslung eines Abwehrspielers für Kopfschütteln innerhalb seines Teams. Das Ergebnis sollte verwaltet werden, das Gegenteil war der Fall, die Austria brach völlig auseinander. Es kam, wie allgemein erwartet und befürchtet, besagter Darko Bodul traf zum zweiten Mal an diesem Nachmittag. Sein Tor zum 2 : 1 hatte insofern Seltenheitswert, da der Winkel von links äußerst spitz und FAK-Torhüter Heinz Lindner absolut nicht Herr der Lage war – im Gegenteil, er faustete sich den Ball selbst ins Tor. Das Stadion stand Kopf und die Häme und Schadenfreude den Grazer Anhängern gegenüber den Wienern ins Gesicht geschrieben. Das 3 : 1 in der 92. Spielminute durch Martin Ehrenreich war lediglich eine Draufgabe.
Der Meister 2010/11 beendete somit seine Saison an 5. Stelle der Tabelle, einen Rang hinter der Austria, die mit leeren Händen dastand. Dies war aus violetter Sicht umso ärgerlicher, da letzten Ende ein Remis gereicht hätte für den 3. Platz, da der neue Meister aus Salzburg den Aufsteiger Admira mit 2 : 0 bezwungen hatte. Ein komplett verkorkstes Frühjahr der Wiener Violetten fand gestern Nachmittag in Graz ihr Ende und man darf gespannt sein, wie sich die Dinge in Wien-Favoriten weiter entwickeln werden. Da man 10 Jahre hindurch stets im Europa-Cup vertreten war, tut diese sportliche Nicht-Qualifikation am letzten Spieltag umso mehr weh. Der blanke Hass, bestehend aus Hohn und Spott, den die Grazer Zuseher den am Boden liegenden Wienern entgegen schmetterten, war allerdings auch mehr als nur beschämend.
Mit der Admira qualifizierte sich demnach der Aufsteiger für Europa und hat sich diese Chance auch verdient. Von Seiten der Austria heißt es nun Ärmel auf zu krempeln, positiv nach vorne zu blicken und den Versuch zu starten, künftighin wieder erfolgreicher zu werden. Aus jeder Niederlage sollte man Kraft und Zuversicht für die Zukunft schöpfen. Und Sturm Graz könnte in Zukunft auch wieder eine sportlich bessere Rolle spielen, wenn man vehement und aktiv auftritt, an sich glaubt und jenen Kampfgeist entwickelt, der die Schwarz-Weißen seit Urzeiten ausmacht.
Stimmen zum Spiel:
Darko Bodul/Sturm Graz: „Es tut mir für die Austria zwar leid, aber ich freue mich natürlich über meine beiden Tore. Wir werden nach dem Urlaub frisch beginnen und freuen uns auf die neue Saison. Man hat gesehen, was wir können und ich bin frohen Mutes für das neue Spieljahr.“
Roland Linz/Austria Wien: „Wir sind natürlich alle enttäuscht, hatten wir es doch in der eigenen Hand. Wir konnten keinen Druck mehr erzeugen und somit kam für uns diese sportliche Katastrophe zustande.“
Markus Kraetschmer/Austria-Manager: „Ich muss um Verständnis bitten, dass wir so unmittelbar nach dem Spiel keine Schnellschüsse von uns geben werden. Wir setzen uns zusammen und analysieren die letzten Wochen in aller Ruhe. Es stimmt jedoch, dass die Austria europäisch sein muss. Dieses Ziel haben wir für heuer verfehlt. Dennoch werden wir aus den Fehlern lernen um im kommenden Jahr besser zu sein.“
Ivica Vastic/Austria-Trainer: „ Ich bin enttäuscht, da wir unsere Chancen in der zweiten Halbzeit, allen voran durch Tomas Jun, nicht nützen konnten. Wir wollten den dritten Platz und sind Vierter geworden. Diese Niederlage tut sehr weh. Was aus meiner Zukunft bei der Austria wird, werden die nächsten Tage mit sich bringen.“
Weitere Fotos zum Spiel:
http://www.austria80.com/Fotos201112MS36SturmA.htm
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