Wird man bereits heute Abend Meister, oder etwa doch noch nicht? Kann der Aufstieg aus der Ersten Liga in die Bundesliga ab 22.15 Uhr gebührend gefeiert werden, oder muss man bis zur letzten Runde mit der endgültigen Entscheidung im Titelkampf warten? Lässt der schärfste Widersacher in Sachen Titelkampf, der SCR aus Altach, Federn und Punkte beim Lustenauer Rivalen, dem FC, im Reichshofstadion liegen? Fragen über Fragen, die sich die zahlreichen Südstadt-Pilger und Veteranen gestern in Maria Enzersdorf gestellt hatten. Und da der Eintritt frei war, strömten sage und schreibe 7.500 Besucher zu diesem eventuell vorentscheidenden Spiel gegen den ÖFB-Cup-Finalisten, der grün-weißen Austria aus Lustenau, ins Bundesstadion Südstadt.
Das Spiel hatte in der ersten Halbzeit ein wenig mit Schlafwagenfußball zu tun, merkte man doch den Heimischen in jeder ihrer Aktionen an, dass sehr viel am Programm stand. Einzig und allein Froylan Ledezma bugsierte nach einer Viertel Stunde das Leder an die Stange und riss somit die zahlreichen Besucher aus ihrer Lethargie. Man sah den Admiranern das Bemühen in jeder ihrer Aktionen an, es stand aber auch meist „Kollege Unvermögen“ mit am Spielfeldrand. Laut wurde es erstmals in der 45. Spielminute, als Benjamin Sulimani mit seinem 18. Saisontreffer die letzten Endes verdiente Pausen-Führung für den FC Admira besorgte. Zu diesem Zeitpunkt wäre man Meister gewesen, da es in Lustenau beim FC gegen Altach zur Halbzeit 1 : 1 Unentschieden gestanden hatte. Was aber dann nach Wiederanpfiff in der Zeit zwischen 21.30 Uhr bis 22.20 Uhr den Zuschauern geboten wurde, war ein Wellental der Gefühle, das anhand einer Hochschaubahn im Wiener Wurschtel-Prater kaum besser zu erleben gewesen wäre.
Urplötzlich und völlig verdient zog die Lustenauer Austria auf 1 : 3 davon. Die drei Treffer – 1 : 1 durch Dursun Karatay in der 51. Minute, 1 : 2 durch Christoph Stückler nach 64 Minuten und das 1 : 3 von Danijel Micic in der 72. Minute – waren absolut sehenswert, tadellos herausgespielt und für den Neo-Teamtorhüter Hans-Peter Berger im Gehäuse der Admira unhaltbar. Das Aufkommen der Lustenauer, die gekonnt ihre Chancen suchten und auch verwerteten, ist spätestens seit dem 4 : 0-Auswärtserfolg im Cup-Viertelfinale bei Austria Wien kein Geheimnis. Der anwesende Trainer Paul Gludovatz – er trifft mit dem SV Ried im ÖFB-Cupfinale am 29. Mai im Wiener Ernst Happel-Stadion auf Austria Lustenau – ist gewarnt und sah zu diesem Zeitpunkt ein Lehrspiel der Vorarlberger.
Da aber in der Südstadt alles für eine eventuelle Meisterfeier vorbereitet und auch Bundesliga-Vorstand Georg Pangl mit der Meisterschale vor Ort war, man darüber hinaus man dem zahlreich erschienenen Anhang keine Pleite zumuten wollte, besann man sich als Admiraner seiner alten Kräfte. Jene Attribute, die dieses Team über die gesamte Spielzeit auszeichnen, kamen plötzlich zum Tragen: rasches Kombinationsspiel, vermehrt den Drang zum Tor suchend, keine Aufgabe eines verlorenen Balles, aktives Zweikampfverhalten und der unbedingte Wille zum Sieg. Die Minuten nach dem Anschlusstreffer zum 2 : 3 durch Daniel Toth hatten es in sich. Immerwährend stand das Gehäuse der Lustenauer unter argem Beschuss, Angriff auf Angriff rollte auf Keeper Christian Mendes zu. Der Ausgleich in der 85. Spielminute, erzielt vom eingewechselten Stefan Schwab war zu diesem Zeitpunkt überfällig und das Gesetz der Serie der steten Angriffsbemühungen innehabend der Südstädter. Es stand 3 : 3 und man wollte mehr. Patrick Jezek, Benjamin Sulimani, der eingewechselte Rene Schicker, Gernot Plassnegger – man belagerte förmlich das Tor der Gäste und es gab Torschüsse beinahe im Sekundentakt. Die Lustenauer verteidigten zwar mit aller Kraft und jedem Fuß, doch es sollte nichts mehr fruchten. Das 4 : 3 durch Patrik Jezek mit einem herrlichen Schuss ins lange Eck in der 91. Minute brachte die Entscheidung. Und als es hieß, dass der gute und unauffällige Schiedsrichter Dr. Thomas Prammer 4 Minuten Nachspielzeit gönnte, gelang Benajmin Sulimani die Erlösung zum 5 : 3. Er knallte das Leder einfach trocken und hart in den Kasten, 5 : 3 nach 93 Minuten und für ihn selbst das 19. Saisontor bedeutend.
Der junge Admira-Coach Dietmar Kühbauer durchwanderte in dieser zweiten Halbzeit sämtliche Höhen und Tiefen, die ein Trainer am Spielfeldrand nur mitmachen kann. „Für mich als Trainer war dies das Ärgste, was ich bisher erlebte. Die Spieler haben gezeigt, dass ihr Herz auf dem richtigen Platz ist. Und für meines war es eine Belastungsprobe.“
Der SCR Altach gewann zwar beim FC Lustenau mit 4 : 2, dennoch weist man aus Südstädter Sicht mit 74 Punkten um drei meh und das besser Torverhältnis von + 4 auf. Ein Unentschieden genügt demnach in der letzten Runde auf der Hohen Warte bei der VIENNA. Altach empfängt zu Hause im Schnabelholz die Mannschaft aus St.Pölten. Die endgültige Entscheidung im Titelkampf der „heute für morgen Ersten Liga“ 2010/11 fällt demnach am letzten Spiel am Dienstag, 24. Mai 2011 ab 18.30 Uhr auf der Hohen Warte in Wien und in Altach.
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