„Ihr seid Meister – und wir nicht!“ – oder aber „Es lebe d i e Re le ga tion, es lebe die Re le gation!“ – so und ähnlich scandierten die wieder einmal sehr zahlreich und vor allen Dingen lautstark agierenden oldschool Anhänger der Vienna in den restlichen 15 Minuten des gestrigen Entscheidungsspieles in der „Heute für Morgen/Erste Liga“ in Wien-Döbling auf der Hohen Warte. Das Match zuvor in den vorangegangenen 75 Minuten war geprägt von Rasenschach, Mittelfeldgeplänkel und der allgemein wohl herrschenden Furcht, wenig zu riskieren, um damit nichts zu riskieren. Der Admira genügte ein Unentschieden, um als Meister der Spielzeit 2010/11 festzustehen. Die Vienna wiederum durfte auf keinen Fall verlieren, um nicht doch noch vom FC Gratkorn auf den letzten Tabellenplatz bugsiert zu werden.
Sehr viel an Brisanz lag also über dem geschichtsträchtigen Areal der Hohen Warte und so zog es viele Freunde des runden Leder, sowie Aktive von einst – Hans Buzek, Herbert Feuer, Herbert Prohaska … und jetzt – Hannes Aigner, Christian Schicker … und sage und schreibe 5.500 Besucher zu diesem Bundesligaspiel. Eine Kulisse, die einem Traditionsverein wie der Vienna mehr als nur gerecht ist. Zu den vielen Südstadt-Pilgern der Admira gesellten sich auch einige Anhänger des Wiener Sportklub und des FC Blau-Weiß Linz ins weite Rund der Arena. Und da dem Dargebotenen am Rasen zwar Beachtung geschenkt wurde, ob der fehlenden Rasse-Szenen aber mehr und mehr der Glaube fehlte, dass torschussmäßig etwas verpasst werden könnte, widmeten sich die neutralen Beobachter picknickähnlichen Zuständen auf den alten Stehterrassen und den langen Warteschlangen entlang der beiden Erfrischungs-Ausschänke.
Das eigentliche Spielgeschehen ist rasch erzählt: Der erste ernstzunehmende Torschuss der Admira erfolgte in der 35. Minute und zog am Kasten der Vienna rechts knapp vorbei. In der zweiten Hälfte säbelte Froylan Ledezma nach gut einer Stunde ungestüm über den Ball. Hätte er diesen erwischt, wäre es vermutlich das 0 : 1 gewesen. Zu diesem Zeitpunkt wusste jedoch beinahe jeder, dass der Wolfsberger AC gegen Gratkorn mit 2 : 0 (sehr gut aus Sicht der Vienna) und Altach 0 : 0 gegen St. Pölten (tadellos für die Admira) stand. Man wollte sich also nicht mehr großartig wehtun und spulte das Programm weiter gemütlich herunter. Die beiden Fan-Blöcke fabrizierten ordentlich Musik und allein ob der Fan-Choräle war es ein herrliches Fußball-Erlebnis gewesen, in der zweiten Liga wohlgemerkt.
Als die Partie pünktlich um 20.15 Uhr abgepfiffen wurde, gab es für die Südstädter kein Halten mehr. Zahlreiche Nachwuchsspieler der Admira und viele Fans ließen ihren Trainer Dietmar Kühbauer noch am Spielfeld hochleben. Quasi ein „Platzsturm“ der besonnenen Art. Die Vienna-Spieler bedanken sich bei ihren Anhängern, denn der 9. Platz in der Endtabelle bedeutet, dass man „nachsitzen“ muss. Am 8. und 11. Juni 2011 wird gegen Horn oder Parndorf (der genaue Gegner wird in der Regionalliga Ost noch ermittelt) entschieden, ob man auch im kommenden Jahr in der 2. Liga spielen kann. Diese Möglichkeit der Relegation ist insofern ein Erfolg, da man in der Winterpause so gut wie abgestiegen schien, lagen die Döblinger doch abgeschlagen am 10. Tabellenplatz. Dass sich das Team dennoch zurückkämpfte, ist mitunter auch ein großer Verdienst des akribischen Arbeiters Alfred Tatar. Er passt als Trainer hervorragend zu den Blau-Gelben und sein steter Einsatz und sein immerwährendes Bemühen sollte an dieser Stelle auch überaus lobend erwähnt werden.
Der Admira gelang nach dem Abstieg 2005/06 nun nach fünf Spielzeiten in der Ersten Liga die Rückkehr in die Fußball-Bundesliga. Auch hier muss Trainer Dietmar Kühbauer sehr positiv erwähnt werden, formte er doch ein Team, das nicht nur spielerisch überzeugte, sondern auch über die gesamte Spielzeit hindurch – von ein paar Hängern und Ausrutschern abgesehen – dominant die Liga beherrscht hatte.
Es lag demnach einheitlicher Jubel, Trubel und Heiterkeit auf der Hohen Warte in der Luft an einem wunderbaren lauen frühsommerlichen Abend im Mai, die sich ob der Feierlichkeiten nur sehr langsam leerte. Die Admira ist mit dieser Art und Weise, Fußball zu spielen und zu zelebrieren, zweifellos eine Bereichung für die höchste Spielklasse. Und der Vienna muss man wünschen, die Liga im Zuge der Relegation in jedem Fall zu halten. Wenn man sieht, was in Döbling auch zuschauermäßig wieder möglich ist, dann freut sich der neutrale Beobachter, dass dieser Traditionsverein, gegründet am 22. August 1894, nach wie vor aktiv ist und zumindest in der 2. Liga auch im kommenden Jahr für Furore sorgen wird.
Stimmen zum Spiel:
Alfred Tatar, Vienna-Trainer: „Bei mir fiel eine große Last ab. Die Admira signalisierte uns sehr bald, dass sie nicht um jeden Preis gewinnen muss.“ Und er fährt fort: „Ich möchte unseren tollen Fans danken. Sie haben teilweise grauenvolle Spiele von uns erleben müssen, standen aber immer hinter uns. Auch, als wir eigentlich schon abgestiegen waren. Unter all diesen Umständen haben wir mit Platz 9 und der Relegation, für die ich zuversichtlich bin, noch das Beste herausgeholt.“
Dietmar Kühbauer, Admira-Trainer: „Ich könnte die ganze Welt umarmen, bin aber immer noch auf 350. Am meisten bin ich natürlich auf meine Spieler stolz, ich habe an dieses Team immer geglaubt. Jetzt wollen wir versuchen, in der höchsten Spielklasse alle zu ärgern.“
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