Karl Kraus (*28. 4. 1874 im böhmischen Gitschin, † 12. 6. 1936 in Wien) kämpfte und bekämpfte in seiner periodischen Zeitschrift „Die Fackel“, aus der seine sämtlichen Werke hervorgegangen sind, als Kulturkritiker und Sprachreformer mit spitzer Feder gegen politische, wirtschaftliche, moralische und künstlerische Missstände und die Phrasenhaftigkeit seiner Zeit. Seine „Die letzten Tage der Menschheit“ waren ein wahres Monumentalwerk über die unsägliche Zeit des Ersten Weltkrieges (1914-18) und dem gleichzeitigen Zerfall der Habsburger Monarchie.

Aus diesem Anlass des Ausbruchs des „Großen Krieges“ – es heißt, die Ermordung des österreichischen Thronfolger-Paares in Sarajevo am 28. Juni 1914 gaben dafür den Ausschlag – las niemand Geringerer als Erwin Steinhauer mitunter auch im Theater in der Josefstadt anhand von zwei unvergesslichen Abenden aus diesen Werken von Karl Kraus.

Erwin Steinhauer, bekannt aus zahlreichen Film- und Fernseh-Produktionen, ist ein großartiger Schauspieler, Darsteller und auch ein wahrer Komödiant. Er erscheint auf der Bildfläche und ist förmlich da. Seine Anwesenheit birgt eine Vertraulichkeit des Zusehers mit dem Darsteller auf der Bühne in sich, die es unter guten Freunden und Menschen gibt, die sich nahe stehen. Man sieht Erwin Steinhauer und ist gespannt, welches seiner zahlreichen Gesichter er diesmal zu seinem Besten geben wird.

In diesem Falle war die causa naturgemäß trauriger Natur, denn „Die letzten Tage der Menschheit“ bieten keinen großen Anlass zur Lächerlichkeit, wenngleich die dafür berühmten Texte des Autors Karl Kraus sehr wohl ein Spiegelbild der österreichischen Seele von vor hundert Jahren darstellen und bei genauerer Betrachtung und Lauschung von eben diesen stellt man sehr wohl auch fest, dass sich bis in unsere heutige Zeit nicht sehr viel daran geändert hat.

Es gelang Erwin Steinhauer, den Brückenschlag zwischen den traurigen Gegebenheiten des Inhaltes sehr rasch zum lustigeren Teil zu schlagen, sein Gesichts- und Mimenspiel konnte man auch von den hinteren Reihen des Josefstadt-Theaters sehr gut wahrnehmen, wenngleich der Künstler zwei Stunden auf einem Hocker saß, las und dabei sein gespanntes Publikum nie aus den Augen verlor.

Die Musikuntermalung als wesentlicher Bestandteil der Produktion schaffte das akustische und emotionale Fundament, die dieser Text zur vollkommenen Entfaltung zwischen den einzelnen „Verwandlungen“ benötigte.

Erwin Steinhauer, der das Stimmengewirr, die unaussprechliche Aussprache gewisser Passagen, die teilweise Gedankenverlorenheit und auch Verlogenheit der einzelnen „Darsteller“ als One-Man-Show auf der Bühne mit Bravour zelebrierte, muss den Vergleich mit dem unvergesslichen Helmut Qualtinger, der ebenso bereits in früheren Jahren aus den Werken von Karl Kraus vortrug, absolut nicht scheuen. Ein lautstarkes Bravo und Bravissimo dem großartigen Künstler, der sich auf die fabelhafte Unterstützung der musischen Begleitung von Pamela Kurstin, Georg Graf, Joe Pinkl und Peter Rosmanith verlassen konnte. Für das sehenswerte Bühnenbild und die Kostüme zeichnete Enid Löser verantwortlich.

Im Mandelbaumverlag in der Edition „bibliothek der töne“ ist auch ein diesbezügliches Hörbuch erschienen.

www.mandelbaum.at/books/791/7503

www.josefstadt.org

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